Jean-Paul Sartre
Die Narzissmus-Konzeption in »Das Sein und das Nichts« weist eine Nähe zur Narzissmustheorie der Pathognostik auf. Ausgangspunkt für Sartre ist der Seinsmangel der menschlichen Existenz. Dieser Seinsmangel ist Seinsbegierde als Verlangen nach Selbstgründung (causa sui), nach der Einheit von »Für-sich« und »An-sich« als »An-und-für-sich-Sein«. Da mein Selbstsein sich dem Anderen verdankt, mein Für-Andere-Sein ist, muss ich mir die mich objektivierende Freiheit des Anderen aneignen. Diese Selbstgründung durch Verdinglichung des Anderen scheitert.
Das Selbstdefizit führt zu gewaltförmigen Intersubjektivitätsformen, vor allem zu einer todestriebbestimmten Sexualität. Das »Für-sich« als Bewegung der Objektivierung und damit der Vernichtung des Anderen ist eine Gestalt des Todestriebs.
Rudolf Heinz sieht in dem frühen Werk Sartres "eine paranoid-homosexuelle Vater-Sohn-Symbiose mit der Tendenz, die gesamte Muttersphäre auszulöschen und zu substituieren" (RET I, 354).
In seinem späteren Werk (»Kritik der dialektischen Vernunft«) suchte Sartre nach Möglichkeiten der Entpathologisierung des Narzissmus.
Eine weitere Anknüpfungsmöglichkeit an die Philosophie Sartres ist seine Konzeption der »Psychoanalyse der Dinge«. Die Dinge sind dort Vorgaben für menschliche Haltungen und Gefühle. Das kommt der pathognostischen Objektivitätswendung der Psychoanalyse nahe. Aber für die Pathognostik sind die Dinge mehr, nämlich die Verunbewusstung der menschlichen Produktion.
Jean-Paul Sartres existentielle Psychoanalyse. Korrektur der Metapsychologie und narzißmustheoretische Antizipationen; in: Retro I (1965-1980), 354
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